Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde versprühen in Rio de Janeiro Insektizide gegen die Mücke Aedes aegypti.
Das Zika-Fieber breitet sich derzeit vor allem in Lateinamerika aus. Doch während die Welt auf die Zika-Fälle schaut, meldet die WHO viel mehr Dengue-Infektionen, die ähnlich verlaufen. Dieses Virus verbreitet sich in vielen Touristenregionen. Ist El Niño mitverantwortlich?
Stechmücken im Urlaub – das ist lästig und kann den Schlaf rauben. Gerade in heißen tropischen Ländern aber lauern weitere Gefahren: Die Mücken übertragen Krankheitserreger. Das Zika-Virus macht gerade durch sein explosionsartiges Auftreten in Lateinamerika Schlagzeilen. Doch die von derselben Mückenart übertragenen Dengue-Viren haben sich nach derzeitigen Erkenntnissen schon viel weiter verbreitet und auch wesentlich mehr Menschen infiziert. Ob Zika dieselbe Karriere machen wird, ist zwar ungewiss, aber die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen dem Erreger den internationalen Gesundheitsnotfall ausgerufen.
Die kleine Mücke Aedes aegypti kann beide Erreger übertragen und unter anderem auch das Chikungunya-Virus, das ebenfalls zu Fieber führt. Alle drei Viren wurden nach Angaben der WHO erstmals Mitte des vergangenen Jahrhunderts registriert: Zika 1947 in Uganda, Dengue in den 1950er Jahren auf den Philippinen und in Thailand und Chikungunya 1952 in Tansania. In den vergangenen Jahren hat sich Dengue am schnellsten verbreitet. Doch alle drei Viren haben – samt ihrer Mücke – bereits Amerika erreicht.
Das Dengue-Fieber kursiert vor allem in Südostasien sowie in Lateinamerika. Nach WHO-Angaben ist die Zahl der Dengue-Infektionen weltweit in den vergangenen 50 Jahren um das 30-Fache gestiegen. Damit ist Dengue die von Stechmücken übertragene Infektionskrankheit, die sich in dieser Zeit am schnellsten verbreitet hat. Nach WHO-Schätzungen infizieren sich in über 100 Ländern insgesamt jährlich 284 bis 528 Millionen Menschen damit.
Dengue verläuft oft harmlos, doch rund 96 Millionen Menschen pro Jahr haben laut WHO so schwere Symptome, dass sie ärztlich behandelt werden sollten. Etwa 20.000 Menschen sterben daran.
Das Dengue-Fieber – wegen der möglichen starken Schmerzen auch "Knochenbrecher-Krankheit" genannt – ist in den Tropen und Subtropen weit verbreitet, aber auch schon nach Europa gelangt. In Südostasien melden die Gesundheitsbehörden einen starken Anstieg. Thailands Behörden registrierten 2015 knapp 144.000 Fälle und 141 Dengue-Tote – dreimal mehr als im Vorjahr. Doch die meisten Erkrankungen, so schätzt die WHO, werden gar nicht gemeldet.
In Kambodscha, Malaysia, Indien, Myanmar, Vietnam, Singapur, den Philippinen und Taiwan werden ebenfalls steigende Fallzahlen beobachtet. "Wir erwarten, dass es 2016 eine Dengue-Epidemie in Thailand und in anderen Ländern der Region geben wird", sagt Nippon Chinanonwait von der thailändischen Behörde für von Vektoren übertragene Krankheiten.
Für den Anstieg macht er die höheren Temperaturen in der Region verantwortlich, ausgelöst durch das Klimaphänomen El Niño. Die mittlere Jahrestemperatur war in Thailand im vergangenen Jahr 0,8 Grad Celsius höher als im Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre. Studien früherer Dengue-Epidemien zeigten, dass wärmere Temperaturen während der El-Niño-Saison 1997/98 mit höheren Infektionsraten einhergingen. "Höhere Temperaturen können ideale Umstände schaffen, dass sich Dengue-Epidemien über eine weite Region ausbreiten", schreibt Seuchen-Spezialist Willem van Panhuis von der US-Universität Pittsburgh.
Die Stechmücken fühlten sich in heißem und schwülem Klima besonders wohl, sagt Nippon. "Sie wachsen schneller und fressen bei heißem Wetter öfter." Das bedeutet, sie stechen mehr. "Daher ist die Chance einer Übertragung des Virus von einer infizierten Person (per Mücke) zu einer anderen größer." Reisenden wird empfohlen, sich in Gebieten mit Dengue-Fieber vor Mücken zu schützen – etwa durch lange Kleidung und Moskitonetze. Vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung sind die Stechmücken aktiv.
Wer an Dengue-Fieber leidet, hat oft grippeähnliche Symptome. Häufig sind die Verläufe aber mild, nicht jeder Infizierte erkrankt. Symptome treten normalerweise drei bis sieben Tage nach dem Stich einer infizierten Mücke auf. Sie reichen von Fieber, Hautausschlägen, Muskel-, Gelenk- und Bauchschmerzen bis zu starkem Erbrechen, plötzlichem Absinken des Blutdrucks und schweren Blutungen. Diese Symptome können zu tödlichen Komplikationen führen. "Eine frühe Diagnose ist für das Überleben ausschlaggebend", sagt Nippon. Patienten sollten sofort zum Arzt gehen, wenn Symptome auftreten, bei denen es sich um Dengue handeln könnte, betont er.
Die erste Dengue-Infektion ist in der Regel schwach, und der Erkrankte ist danach immun gegen den Erregertyp. Gefährlich wird es meist erst, wenn sich der Mensch anschließend mit einem anderen Dengue-Virentyp infiziert.
Viele Symptome von Dengue-, Zika- und Chikungunya-Fällen ähneln sich. Auch Zika-Kranke können leichtes Fieber, Hautrötungen sowie Kopf- und Gelenkschmerzen bekommen. Auch das Zika-Fieber verläuft oft ohne oder nur mit relativ leichten Symptomen. Das Virus steht aber im Verdacht, Schädelfehlbildungen bei Babys auszulösen, wenn die Mutter infiziert ist. Brasilien meldete von Oktober bis Anfang Februar bereits 404 Fälle bewiesener Schädelfehlbildungen – in 17 Fällen konnte nachgewiesen werden, dass sich schwangere Frauen zuvor mit dem Zika-Virus infiziert hatten. 2014 wurden nur 147 Mikrozephalie-Fälle registriert. Und der Zuwachs macht nicht nur der WHO besondere Sorgen. Zudem könnte es eine Rolle beim Guillain-Barré Syndrom spielen, das mit Lähmungserscheinungen einhergeht.
Die Chikungunya-Erkrankung startet dagegen oft mit hohem Fieber sowie Glieder-, Muskel- und Kopfschmerzen, meist gehen die Symptome bald zurück. Ältere Menschen sind besonders gefährdet, daran zu sterben. Doch auch dieses Fieber verläuft manchmal mild.
Spezielle Medikamente gibt es gegen keine der Erkrankungen. Nur die Symptome können behandelt werden. Bei Dengue empfehlen Ärzte unter anderem Wadenwickel gegen Fieber, Schmerzmittel und eine Flüssigkeitsgabe notfalls per Tropf.
Wie Zika breitet sich auch Dengue in Amerika stark aus – 2015 stieg die Zahl der registrierten Infektionen in Brasilien auf über 1,6 Millionen – ein Plus von 178 Prozent im Vergleich zu 2014. Peru, Honduras, Panama, Mexiko und Argentinien melden ebenfalls mehr Fälle, und auch in den USA berichtet das Zentrum für Seuchenkontrolle von einem Anstieg. Derzeit kursiert die Krankheit auf Hawaii. Auch Europa ist nicht ungefährdet. So gab es dort erstmals 2010 einzelne Übertragungen in Südfrankreich und Kroatien. 2012 folgte ein größererer Ausbruch auf der Atlantikinsel Madeira, die zu Portugal gehört.
Drei Länder – Mexiko, die Philippinen und Brasilien – haben kürzlich den Einsatz des Dengue-Impfstoffes "Dengvaxia" genehmigt. Experten zweifeln den Nutzen aber an – so sei unklar, ob das Mittel gegen alle Dengue-Serotypen gut wirke. Eine Impfung gegen Zika gibt es nicht.
Von 2013 bis Anfang Februar 2016 wurden 11 Zika-Fälle nach Deutschland eingeschleppt. Bei Dengue waren es allein 2014 laut Robert Koch-Institut 626 Fälle. 210 dieser Touristen kamen aus Thailand zurück, das damit an der Spitze der Dengue-Infektionsländer für Deutsche steht.
Doch Deutschland hat Glück: Die Überträgermücke Aedes aegypti gibt es hier nicht. Daher sieht Prof. Christian Drosten von der Uniklinik Bonn derzeit auch "keinerlei Anzeichen dafür, dass es zukünftig zu einer Übertragung von Zika-Viren über angesiedelte Moskitos in Deutschland kommen wird". Dengue und höchstwahrscheinlich auch Zika werden zudem auch durch die Mücke Aedes albopictus übertragen, die etwa in Süddeutschland vereinzelt vorkommt. Doch auch hier ist bislang kein Fall einer Übertragung bekannt geworden.
Das beste Mittel gegen Dengue-, Zika- und Chikungunya-Erreger in einem Land ist es nach Expertenmeinung, die übertragenden Mücken auszurotten. Brasilien, Argentinien und andere Länder lassen Chemikalien aussprühen. Zudem sollen an einem Aktionstag im Februar bis zu 220.000 Soldaten zur Bekämpfung der Mückenart Aedes aegypti in Brasilien eingesetzt werden.
Für den thailändischen Experten Nippon ist es vor allem wichtig, die Brutstätten der Mücken zu eliminieren: "Sie legen ihre Eier in stehendes Wasser wie Regentonnen." Halte man solche Orte durchgehend trocken, verhindere dies das Schlüpfen – denn die Eier überleben bis zu neun Monate Trockenheit. "Die Moskitos sind nur etwa 500 Meter um ihren Schlüpfort aktiv. Wenn die Brutstätten zerstört sind, gibt es dort auch keine Mücken."
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff erinnerte angesichts der Zika-Epidemie daran, dass Brasilien vor Jahren das ebenfalls von Aedes aegypti und anderen Mücken übertragene Gelbfieber besiegt habe. So etwas müsse auch jetzt gelingen.
Quelle: ntv.de, Simone Humml und Ivonne Marschall, dpa