„Eigentlich gibt es gar nicht viel zu berichten, denn es ist ja alles glatt gegangen“, schmunzelt Jürgen Lenz. Damit meint der Torgelower, dass seine mehr als 1500 Kilometer lange Tour mit seinem Ost-Moped quer durch Deutschland ohne Probleme verlaufen ist. Auf eventuelle Pannen vorbereitet wäre der 64-Jährige natürlich gewesen, schließlich hatte er seine Deutschlandtour nicht nur sorgsam geplant, sondern sich auch mit jeder Menge Ersatzteile abgesichert.
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„Bis auf einen Motor hatte ich fast alles dabei“, berichtet der Simson-Fan, den die erste Etappe mit seiner Schwalbe zum Simsontreffen nach Suhl führte. Hier, an der Geburtsstätte der Simson-Fahrzeuge, warteten bereits seine Kumpels der Zweitaktbrigade, deren Transportfahrzeug auch den selbst entworfenen und selbst gebauten Schlafwagen für seine kultige Schwalbe verladen hatte. „Ich wollte die gesamte Tour nicht mit dem Anhänger fahren“, erklärt der Torgelower. In Suhl genoss er allerdings, dass seine ungewöhnliche Schlafkonstruktion zahlreiche Blicke der Besucher auf sich zog. „Es gab hier viele gute Gespräche“, erinnert sich Jürgen Lenz, der den neugierigen und begeisterten Technikfans gern erzählte, wie lange er getüftelt, geschraubt, ausprobiert, verworfen und wieder neu geschraubt hat, bis alles passte.
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Jedes Detail – ob Stange, Öse oder Haken – hat eine Funktion. Im Nu ist der Schlafplatz hergerichtet. „Ich kann überall stehen, sogar auf Beton“, sagt der Torgelower. Konstruiert hat er nämlich alles so, dass keine Anker, Heringe oder Strippen gebraucht werden, wenn er zum Schluss das Moskitonetz und die Plane über den Schlafwagen spannt. „Sogar Tisch, Campingstuhl und ein Koffer mit Kocher und dem wichtigsten Proviant haben Platz im Wagen“, so Jürgen Lenz, der aber auch ehrlich zugeben muss, dass das Fahren im Gebirge für ihn und seine Zweitaktlegende sehr anspruchsvoll und vor allem ungewohnt war.
Nach 570 Kilometern und zwölf Stunden Fahrzeit der ersten Etappe von Torgelow nach Suhl machte sich der Simsonfreund nach dem Treffen mit tausenden anderen „Geburtsstätten-Heimkehrern“ nicht wie seine Kumpels zurück auf den Weg nach Vorpommern, sondern knatterte weiter ins 184 Kilometer entfernte Külsheim. Von dort ging es zwei Tage später 396 Kilometer weiter in den Harz, wo er Verwandte besuchte.
Nach exakt 1564 Kilometern, 35 Stunden reiner Fahrzeit und einem Kraftstoffverbrauch von 57 Litern erreichte der Torgelower nach gut einer Woche wieder stolz und superglücklich die heimische Garage. „Ich habe mir meine Sommertour und meinen Traum erfüllt“, sagt er, während ihm bereits der nächste Wunsch durch den Kopf spukt.
„Vielleicht ist ja jemand genauso verrückt wie ich?“, fragt sich Jürgen Lenz, der sich vorstellen könnte, mit entsprechender Zweitaktbegleitung bis zum Nordkap zu knattern.